Gerätebrett Me 163B

Wichtige Hinweise:

Im Gegensatz zu anderen Baumustern der Luftwaffe ist das Gerätebrett der Messerschmitt Me 163B durch viele Ereignisse in der Entwicklung in kurzer Zeitspanne geprägt worden. In Anbetracht der aktuellen Bedrohung durch die Allierten in den Jahren 1943 – 1945 und der rasanten Entwicklung neuer gegnerischen Flugzeugtypen, sowie den in immer zahlreicher auftretenden Bomberangriffen, war eine schnelle neue, sogenannte „Wunderwaffe“ gefordert. Von daher wurden viele Ideen und Entwürfe für einen neuen Raketenjäger wie die Me 163B ständig erneuert und umgearbeitet. Dies trifft natürlich auch auf das Gerätebrett und deren Instrumentierung zu. Ein weiteres Problem, waren die immer mehr in Erscheinung tretenden Rohstoffmangel, die zur Improvisation forderten. Sei dies in den Rohstoffen für die genormten Farbmischungen des RLM oder den im Gerätebrett gewünschten Geräten, wo viele Ersatzvarianten zum Einsatz kamen.

Diese Tatsachen widerspiegeln sich auch in dem wenig erhaltenen Bildmaterial, das uns heute noch zu Verfügung steht. Es wurden über 350 Me 163B gebaut, und dennoch ist, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, sehr wenig Bildmaterial von Gerätebrettern vorhanden geblieben, und diese oft nur von späten Einsatzmaschinen. Sicherlich war es zur damaligen Zeit auch schwierig Bilder aus dem Führerraum dieser Maschinen zu machen. Dieser Flugzeugtyp war ja schließlich streng „geheim“ und das fotografieren ohne Erlaubnis unter strenger Strafe gestellt.

Nach meinen Nachforschungen gab es dennoch in sehr kurzer Zeit eine große Entwicklungsgeschichte des Gerätebrettes der Me 163B, was die Instrumentierung des Gerätebrettes betreffen. Ich habe dabei in etwa 3 Haupt-Baumuster festgestellten können. Ich werde diese nach Entwicklungstand „frühe-,mittlere- und späte Version“ benennen. Obwohl natürlich durch die ganze Kriegszeitspanne gesehen, alles „spät“ (1943-45) war ! Irreführend waren oft auch die diversen Versuchsmuster, die mit verschiedenen Instrumenten und Waffensystemen ausgestattet wurden.

Bei meinen Nachforschungen bezog ich mich auf markante Veränderungen oder Neuerscheinungen diverser Einbaugeräte. Als Beläge und Unterstützung dienten mir original Baupläne der Gerätebretter, sowie noch erhaltenes Bildmaterial und Tatsachenberichte aus diversen publizierten Lektüren.

Meine Erkenntnisse erheben auf keinen Fall Anspruch auf Vollständigkeit in Bezug auf diese Erkenntnisse. Wenn der eine oder andere unserer Leser persönliche Informationen zum Thema hat oder gar als Zeitzeuge ein weiteres Mosaiksteinchen zur Dokumentation beisteuern möchte, so bitten wir Ihn, sich an uns zu wenden.

Danke

Erwin Wiedmer

Alexander Lippisch (1894-1976)

Konstrukteur der Me 163

Um das Gerätebrett der Me 163B verstehen zu können, ist es notwendig die besondere Einsatzweise, sowie die Gefahren die von diesem Flugzeugtyp ausgingen zu verstehen.

Folgende Gefahren waren möglich :

Problem 1:

Die Me 163B war mit einem Helmut Walter Raketentriebwerk ausgerüstet, dem HWK 109-509 A-1, mit einem in fünf Stufen regelbarem Schub von 100-1.600 kp (Aus, Leerlauf. 1, 2, 3).
Dieses Raketentriebwerk machte insofern Probleme, da es bei negativen Beschleunigungen selbst abschaltete. Bis zum Wider anlassen im Flug musste zwei Minuten gewartet werden, wobei das Wider anlassen nicht immer erfolgreich war, so dass infolgedessen mit einer größeren Menge Restkraftstoff gelandet werden musste.
Das Raketentriebwerk war nicht immer zuverlässig, und konnte auch in der heiklen Startphase ausfallen. Für eine sichere Landung benötigte die Me 163B eine relativ ebene Fläche (Kufenlandung im Gleitflug bei ca. 160 km/h).

 

Problem 2:

Das HWK 109-509 A-1 wurde durch zwei höchst gefährliche Kraftstoffe angetrieben. Die als T-Stoff und C-Stoff bezeichneten Flüssigkeiten waren in getrennten Tankbehältern untergebracht. 3 Tankbehälter 3 Tankbehälter für T-Stoff befanden sich im Rumpf, und 4 Tankbehälter 4 Tankbehälter für C-Stoff in den Flügeln, mit einer Gesamtkapazität von 1.660 Litern.
Besonders gefährlich war der T-Stoff, da er bereits durch kleinste Verunreinigungen explodieren konnte, weshalb auch der nach Brennschluss in den Tanks verbleibende Restkraftstoff (ca. 70 bis 150 Liter) bei der Landung eine latente Explosionsgefahr in sich barg. Bei Notsituationen konnte der Flugzeugführer die T-Stoff Tankbehälter per „Schnellablass“ leeren. Dies dauerte ca. 1,5 Minuten.

 

Untersuchungen am T-Stoff

Problem 3:

Beim Start musste eine gewisse Geschwindigkeit erreicht werden, bis die Seitenruder ansprachen. Da die Räder des Startwagens eine sehr geringe Spurweite hatten, war die Me 163B beim Start schlecht zu steuern und zu beherrschen. Dies war besonders kritisch bei Seitenwind. Die Me 163B wurde, wenn möglich immer gegen den Wind gestartet.

 

Problem 4:

Der Startwagen löste sich nach dem Start entweder zu früh, oder gar nicht vom Flugzeugrumpf (äußerst ungünstige Flugeigenschaften, Probleme bei der Landung).
Bei zu frühem Lösen konnte der Startwagen von der Startbahn zurück katapultiert werden und das Flugzeug beschädigen.

 

Problem 5 :

Beim HWK 109-509 A-1 Raketentriebwerk mussten permanent die Abgastemperatur überwacht werden.
Bei Abgastemperaturen über 700-750 C° musste der Flugzeugführer mit einer Überhitzung oder einem Brand im Raketentriebwerk rechnen.

 

Problem 6 :

Die Geschwindigkeit sollte möglichst die 900 km/h nicht überschreiten, da ansonsten mit Strukturschäden am Flugzeugrumpf oder Leitwerk gerechnet werden mußte. Bei überschreiten der kritischen Machzahl begann die Maschine stark zu schütteln, wodurch auch noch häufig das Triebwerk ausgehen konnte.

 

Problem 7 :

T-Stoffgase traten durch ein Leck in den Führerraum ein, und vernebelten dabei die Sicht des Flugzeugführers. Die Instrumente konnten nicht mehr abgelesen werden. Trotz des speziell entwickelten Schutzanzuges, konnte es zu schweren Verätzungen an den Augen und der Haut des Flugzeugführers kommen.

Problem 8 :

Beim Anflug auf den auserwählten Landeplatz hatte der Flugzeugführer nur einen Versuch, da ohne Antrieb (Kraftstoff war bereits verbraucht) im Gleitflug gelandet werden musste. Regen und Schnee erhöhten das Landerisiko auf der Kufe, ohne Bremsen zusätzlich.

 

Problem 9 :

Durch eine harte Landung konnte der Flugzeugführer erheblich Verletzungen davontragen. Die ungenügende Sitzfederung führte oft zu Wirbelsäulenschäden und Kopfverletzungen.

 

Problem 10 :

Wie bei allen Flugzeugtypen gegen Ende der Krieges spielten Zeit, Ressourcenknappheit sowie interne Machtkämpfe und Meinungsunterschiede im RLM über die geeigneten zukünftigen Flugzeugtypen der Luftwaffe, eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung und Produktion der Me 163. Von daher kam viel Unausgereiftes zur Erprobung und zum Fronteinsatz. Dies traf insbesondere auf den Raketenjäger und seine Flugzeugführer zu.
Diese ungünstigen Voraussetzungen führten zu vielen betrieblichen Zwischenfällen sowie großen Verlusten unter den Flugzeugführern.

 

 

Die Erprobung und Schulung auf der Me 163 forderte mehr Opfer unter den Flugzeugführern als durch Feindeinwirkung bei diesem Muster. Anzumerken ist aber, dass die Me 163, durch Ihre überragende Flugleistung, speziell dem Geschwindigkeitsüberschuss, nicht leicht zu bekämpfen war, und daher auch wenige Opfer durch Feindeinwirkungen zu beklagen waren. Zusätzlich sahen sich die Flugzeugführer dem Problem gegenüber, dass durch die hohe Annäherungsgeschwindigkeit an das Ziel nur ein paar Sekunden Zeit blieb, auf den Gegner zu feuern, was durch die niedrige Schussfolge der Mk 108 noch verschlimmert wurde. Aus diesem Grund experimentierte man mit dem Einbau einer automatisch auslösenden Senkrechtbewaffnung, die bei unterfliegen des Gegners über eine Fotozelle ausgelöst wurde. Ein Einbau erfolgte aber nur in einzelnen Maschinen und ein operationeller Einsatz unterblieb bis auf eine einzige Ausnahme. Diesen Umständen ist es zuzuschreiben, dass der operationelle Erfolg der Me 163 bescheiden blieb: Nur insgesamt 9 bestätigte Abschüsse.

All diese Umstände / Probleme widerspiegeln sich auch im Führerraum der Me 163B wieder. Auf den ersten Blick erkennt man einen relativ geräumigen und übersichtlichen Führerraum. Die Instrumentierung und die Betätigungshebel sind übersichtlich angeordnet, und im Notfall leicht und schnell zu überschauen bzw. zu bedienen.

Die mehrteilige, komplette Gerätetafel ist 100 cm breit und im Vergleich zu herkömmlichen Flugzeugen mit Kolbenmotorantrieb, sehr sporadisch instrumentiert.
Im Führerraum sind die Nothebel und lebenswichtigen Anzeigen sehr übersichtlich mit roter Farbe gekennzeichnet (rot= Not / Brand).
Der Temperaturanzeiger für Gastemperaturmessung der Brennkammer musste deutlich mit roter Farbe gekennzeichnet werden. Der Flugzeugführer musste die Abgastemperatur stets überwachen!

Das Konzept des Gerätebrettes der Me 163B war so gut, das man es bei den Weiterentwicklungen der Me 163C,D und der Ju 248 (Me 263) weiterführte und im Grossen und Ganzen, mit wenigen Änderungen übernommen hat.