Musterbau der Junkers Ju 87 -?

Werksaufnahme J.46000 der Junkers-Flugzeugwerke.

„Musterbau für Gerätebrett Junkers Ju 87-?“

Dieses Foto vom Musterbau / Kabinenbereich der Junkerswerke wurde bisher noch nie veröffentlicht!
Es handelt sich hierbei um den Gerätebrettmusterbau des Nachfolgemusters der Ju 87 D. Anhand der vorliegenden Instrumentierung kann man das Foto auf 1944 datieren.

In den originalen Cockpitbereich einer „herkömmlichen Ju 87 D“ wurde ein völlig neues Gerätebrett, inklusive der Einheitsblindflugtafel, als Mustervorlage integriert.

Ju 87 D „Stuka“

Diese neuartige Mustergerätetafel besteht komplett aus Sperrholz (Schichtholz). In die Blindflugtafel wurden nur Originalinstrumente eingebaut, währen dessen in der Hauptgerätetafel neben einigen Originalinstrumenten auch zahlreiche Attrappen für Instrumente, Schalter, Schaltkästen und Warnlampen eingebaut sind.
Diese „Mischbauweise“ bei der Bestückung der Gerätetafel war üblich im Musterbau der Flugzeughersteller, da oftmals nicht alle benötigten Instrumente und Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung standen.

Bei diesem hier abgebildeten Attrappenbau der Gerätetafel einer Ju 87 wurde vermutlich versucht, die Instrumentierung völlig zu überarbeiten und auf einen moderneren Einheitsstandard zu bringen.
Das ist gut zu sehen an der Einheitsblindflugtafel, am Bediengerät für das FuG 16 (bisher war das veraltete FuG VII eingebaut) und an der platzsparenden Instrumentierung von kleineren (Einbaudurchmesser 40 mm) oder kombinierten Instrumenten (Drehzahl-Ladedruckmesser).

Vermutlich sollte die „neue Ju 87-_“ auch einen neuen, leistungsstärkeren Motor erhalten.
Auch die Anzahl und Größe der Kraftstoffbehälter sollte sich vermutlich verändern, was an dem neuen Eichmaß des Kraftstoffvorratsanzeiger (Ju 86 / 1.200 Liter) zu sehen ist. Für einen Einbau von 4 separaten Kraftstoffbehältern würden die angedeuteten 4 Warnlampen/ Merkleuchten sprechen, welche um den Vorratsanzeiger positioniert sind.

Wobei erwähnt werden muss, dass im Musterbau keine wirklichen, aussagekräftigen Rückschlüsse auf die späteren Einsatzbaumuster gezogen werden können.
Die bisherige deutsche Luftfahrtgeschichte dieser Epoche hat immer wieder gezeigt, dass es zwischen vorläufigem Musterbau und produzierter Einsatzmaschine große Unterschiede gab.

Berlin, den 01.September 2006
Oliver Jordan

 

Instrumentenauflistung

Geräteauflistung zum Musterbau der Instrumententafel Junkers Ju 87 – ?

Es wird hier speziell nur auf die Instrumentierung des Hauptgerätebrettes, des hier abgebildeten Fotos eingegangen.1

1.FahrtmesserFl.22234
Messbereich: (100-900 km/h)

  1. Wendehorizont
    Fl.22411-1
  2. Variometer
    Fl.22382
    Messbereich: (+/- 0-15 m/s)
  3. Drehzahl-Ladedruckmeser
    Fl.20569
    Messbereich: (400-3.600 U/min ; 0,6-1,8 ata)
  4. 2 Stck. elektrische Temperaturanzeigen
    Fl.20358
    Messbereich: (Schmierstoff und Kühlstoff 0-130°C)
  5. 4 Stck. Merkleuchten
    Fl.32529
    Messbereich: (Höchst- und Reststandswarnung für Kraftstoff)
  6. elektrischer Vorratsanzeiger
    Fl.20723
    Messbereich: (0-1.200 Liter, für Baumuster Ju 86)
  7. Kippumschalter zur Vorratsmessung
    Fl.32345-1 ? /oder Fl.32346-1 ?
    (Kennzeichnung: „Vorratsmessung“) – für Tankbehälter 1 und 2
  8. Anlasseinspritzpumpe SUM AP 8 ?
    Gerät-Nr.8-4505 A
    (Kennzeichnung: „Einspritzpumpe“)
  9. vermutlich Kippumschalter ?
    Fl.32345-1 ? oder Fl.32346-1 ?
    (Kennzeichnung: „Kühlstoffanzeige“)- als Messstellenumschalter für Kühlstoffeintritts- oder Austrittstemperatur
  10. 2 Stck. elektrische Druckanzeigen
    Fl.20582 (0-3 kg/cm²) für Kraftstoffdruck
    Fl.20583 (0-10 kg/cm²) oder Fl.20584 (0-15 kg/cm²) für Schmierstoffdruck
  11. vermutlich Führerkompass FK 38 ?
    Fl.23233
    (Kennzeichnung: „Notkompaß“)
  12. Abwurfschaltkasten
    ASK-87
    – Fl. ?
  13. unbekannter Schaltkasten / Schalteranordnung für ?
  14. Fernbediengerät FBG 16 ?
    Ln.27188 (Kennzeichnung: „FuG 16“)
    ( Frequenzfeinabstimmung für FuG 16)
  15. ???
  16.  vermutlich Netzausschalter ? Fl.32315-2
  17. Zug für Notsichtklappe
    (Kennzeichnung: „Notsichtklappe“, Fenster im Fußbodenbereich)
  18. Anlassschalter mit Klappe Fl.21212
  19. vermutlich Notzug für Bombennotwurf ?
  20. Höhenmesser
    Fl.22320
    Vermutlich sollte hier ein Kontakthöhenmesser (Fl.22317) oder ein Funkhöhenmesser AFN 101a (Ln.28330-1) eingebaut werden
  21. Fein-Grobhöhenmesser
    Fl.22320
    Messbereich: (0-10 km)
  22. Führertochterkompass PFK-f2
    Fl.23334
  23. Anzeigegerät für Funknavigation AFN 2
    Ln.27002
  24. Borduhr Bo-UK1
    Fl.23885
  25. vermutlich Kippwechselschalter für ?
    Fl.32346-3 ?
  26. Kippumschalter zur Kühlerklappenverstellung
    Fl.32345-2 ? / oder Fl.32346-1 ?
    (Kennzeichnung: „Kühlerklappen“)
  27. Zuggriff für Umschaltung „Bodenlader“ / „Höhenlader“
  28. Belüftungsdüse für Kabinenbelüftung
  29. Reflexvisier Revi C/12 D
    Fl.52095
    – montiert an Schwenkplatte SP-1A, Fl.52195

Oliver Jordan
Berlin, den 6.September 2006

Ergänzungen von Peter W. Cohausz

Werksaufnahme J.46000 der Junkers-Flugzeugwerke.

Zunächst stellt sich die Frage, welche Ju 87 Variante in Frage kommt:

1. Späte Ju 87 D-Muster
Ju 87 D-5 war die letzte in Großserie Gebaute Ju 87 Version Ju 87 D-6 als rationalisierte Ausführung der D-5 mit erheblicher Vereinfachung der Ausrüstung. Wegen des Änderungsaufwands nur kleine Stückzahl ab Februar 1944 gebaut. Keine Serie. Ju 87 D-7 als Umbau von D-1 mit Flächen der D-5. Geplante blindflugtaugliche Nachtschlachtversion. Realisierung unbekannt. Ju 87 D-8 als zweite Umbauvariante von D-3 mit Flächen der D-5. Musterbau begann im September 1943. Verwendung wie D-7. Die Ju 87 D Fertigung endete im Dezember 1944.

2. Ju 87 F
Das Nachfolgemuster der Ju 87 D mit Jumo 213 A. Erste Baubeschreibung vom Frühjahr 1941. Durch die ständigen Verzögerungen bei der Entwicklung des Jumo 213 war der Baubeginn der Ju 87 F schließlich ab September 1944 vorgesehen. Da schließlich die Jägerproduktion Vorrang hatte, wurde die Entwicklung der Ju 87 F im März 1943 eingestellt.

3. Ju 187
Stark überarbeitetes Nachfolgemuster der Ju 87 mit Jumo 213 und Einziehfahrwerk. Ging aus der Ju 87 F hervor. Das Projekt wurde nach Bau einer Attrappe im Herbst 1943 fallengelassen.

Zur weiteren Einordnung muss man die Standard-Blindflugtafel heranziehen. Diese taucht Ende 1943 auf. Sie findet sich z.B. auch schon im Bf 109 K Musterbau bei WNF Ende 1943. In den RLM Datenblättern ist die Zeichnung der Tafel jedoch erst vom März 1944.
Die Zeichnungen der kleinen 40 mm Norminstrumente in den Datenblättern stammen zum Teil bereits vom August 1943 ! Insofern fallen Ju 87 F und Ju 187 bei der Einordnung der Werksaufnahme J.46000 wohl weg, weil die Blindflugtafel für die Ju 87 F zu spät kam und für die Ju 187 kein Hinweis auf ein Einziehfahrwerk zu finden ist. Es bleibt somit wohl der Versuch, die Instrumentierung der Ju 87 D auf den Stand von 1944 zu bringen. Das FuG 16 Z, auf dessen geplante Verwendung die Werksaufnahme ebenfalls hinweist, wurde erstmals in der Ju 87 V30, WNr. 2296 erprobt.

Da in solchen Mustereinbauten wie auf dem Foto die eingebauten Geräte oft Attrappen oder ähnliche Geräte sowie Fotos von Geräten waren, kann bei den Anzeigebereichen nicht unbedingt auf die späteren tatsächlichen Anzeigebereiche rückgeschlossen werden. Vielmehr sollte zunächst nur die Anordnung geprüft werden.

Bemerkungen zu einigen Instrumenten:

Zweiter Höhenmesser links: Hier soll vermutlich der Kontakthöhenmesser eingebaut werden. Rechts oben: Drehzahlladedruckmesser Darunter: Kühlstoff- und Schmierstofftemperatur sowie Kraftstoff- und Schmierstoffdruck in der kleinen 40 mm Norm. Kraftstoffvorratsanzeiger: Nach dem Meßbereich wohl ein beschädigtes Gerät (siehe angebrochenes Ohr links unten) wohl aus der Junkers Ju 86. Für eine Ju 87 D wären zwei oder gar vier 1200 Liter Behalter wohl viel zu groß gewesen.
Der angedeutete Kippschalter darunter deutet ein Baumuster mit zwei Stellungen nach links und rechts und einer Mittelstellung an. Die vier runden „Knöpfe“ um den Vorratsmesser dürften Wanrleuchten andeuten und zwar analog zur Fw 190 oder BF 109 K oben zwei Mal Höchststand (wohl in Grün) und unten zwei Mal Reststand in Rot.
Als Notkompass unter dem AFN 2 dürfte ein FK 38 vorgesehen sein. Unter dem angedeuteten Netzausschalter (links) ist ein Knopf, darunter ein Schild mit „Notwendezeiger“. Entweder sollte das der Schalter für den Notwendezeiger sein oder war darunter der Einbauort für den Notwendezeiger mittels Klemmvorrichtung vorgesehen. Die Attrappe ist wohl noch nicht fertiggestellt, da noch Beschriftungen fehlen.

Peter W. Cohausz 04.09.2006

Quellen:

Green „Warplanes of the Third Reich“ London 1976
Griehl „Junkers Ju 87 Stuka“ Stuttgart 1998
Haberfellner „Wiener Neustädter Flugzeugwerke“, Graz 1993
Kracheel „Flugführungssysteme – Blindfluginstrumente, Autopiloten,
Flugsteuerungen“, Bonn 1993
Nowarra „Die deutsche Luftrüstung“ Band 3, Koblenz 1993

Rumpf – Attrappe Ju 187

Rumpf Ju 187 ( 1943 )

Gerätebrett „Musterbau“ Ju 187

Windkanal – Model